Hier geht es um das echte Leben 11FREUNDE

Am 38. Spieltag der Regionalliga Nord geht es für den Bremer SV um alles. Der Verein steht auf einem direkten Abstiegsplatz, ein Punkt fehlt zur die Relegation. Um die noch zu erreichen, muss ein Heimsieg gegen den Tabellenvierten aus Ottensen her. Doch kurz vor der Pause steht es 2:1 für die Gäste. In dieser Gemengelage geraten kurz vor dem Halbzeitpfiff zwei Spieler aneinander. Einer von ihnen ist Marcus Coffie, Verteidiger und Kapitän von Ottensen 05. Der Grund für die Aufregung: Coffie sagt, er sei von dem Bremer Spieler rassistisch beleidigt worden.
Sofort informiert der 28-Jährige den Schiedsrichter über den Vorfall. „Aber der hat nur gesagt, dass er niemanden bestrafen kann, weil er und sein Team nichts mitbekommen haben“, sagt Coffie. Dann habe er entschieden, das Spielfeld zu verlassen. „Für mich war klar: Ich kann so nicht weiterspielen. Wenn jemand etwas rassistisches sagt und wir so tun, als sei nichts passiert, dann ist das Spiel an der Stelle für mich vorbei.“ Nach einer 20-minütigen Spielunterbrechung verlässt Teutonia Ottensen geschlossen das Feld.
Zwei Tage später. Der Fall ist inzwischen vor das Sportgericht des Norddeutschen Fußballverbands gegangen. Und die Sportrichter werten das Spiel mit 5:0 für den Bremer SV. „Die Entscheidung ist natürlich ganz klar“, erläutert Verbandspräsident und DFB-Vize Ralph-Uwe Schaffert im Gespräch mit 11FREUNDE. „Der einzige, der ein Spiel abbrechen kann, ist der Schiedsrichter. Und der hat das nicht gemacht, sondern die Ottenser haben das Spielfeld einfach verlassen. Das geht natürlich nicht.“ Bei den Ottensern stößt das Urteil auf Unverständnis. Die Entscheidung sei ein „Schlag ins Gesicht“, heißt es auf der Vereinshomepage.
„Die leben in einer Parallelwelt“
Auch der Bremer SV nimmt Stellung zu dem Vorfall – und weist die Vorwürfe von sich: „Der betroffene Spieler hat uns glaubhaft versichert, dass er niemanden rassistisch beleidigt hat.“ In der Causa steht Aussage gegen Aussage. „Der Schiedsrichter hat bereits auf dem Feld versucht, eine Einigung zwischen den Spielern herbeizuführen“, sagt Ralph-Uwe Schaffert. „Das ist aber erwartungsgemäß gescheitert, weil jeder natürlich auf seinem Standpunkt beharrt hat.“
Als Marcus Coffie über Social Media von dem Urteil erfährt, sei er „geschockt und enttäuscht“ gewesen. Zwar habe er geahnt, dass das Spiel auch gegen seinen Verein gewertet werden könnte. „Aber dieses 5:0 fühlt sich an wie eine Ansage. Wie ein Statement, das andere abschrecken soll, damit nie wieder eine Mannschaft eigenmächtig vom Platz geht.“ Er sei erstaunt über die Geschwindigkeit, mit der das Verfahren vor dem Sportgericht verhandelt wurde. „Das Urteil zeigt, dass das Thema dem Verband zu heiß ist. Man versucht, das so schnell wie möglich bei Seite zu legen.“
Ralph-Uwe Schaffert beteuert dagegen die Notwendigkeit, die Sache im Eilverfahren zu verhandeln. „Das ganze ist am Sonnabend passiert und am Mittwoch war Relegation – also der Bremer SV oder Werder Bremen II. Es musste so schnell gehen.“ Dem FC Teutonia Ottensen wirft der Verbandspräsident vor, die Sachlage zu verkennen: „Die Ottenser schwingen in der Erklärung auf ihrer Homepage die Moralkeule. Das ist völlig verfehlt. Selbst wenn dieses N‑Wort, um das es hier geht, gefallen wäre, liegt es im Ermessen des Schiedsrichters, ob er das Spiel abbricht oder nicht. Die Mannschaft hat nicht das Recht, einfach das Spielfeld zu verlassen.“
Schaffert, so scheint es, hat den Verein schon länger im Auge. Vorgänge wie diesen habe der Präsident des Norddeutschen Fußballverbands nicht zum ersten Mal mit Teutonia Ottensen erlebt. „Ottensen kennt die Regeln einfach nicht. Die leben in einer Parallelwelt. Beim Spiel gegen Lübeck zum Beispiel, da hatten wir eine Teilsperre des Stadions verfügt. Und da bekomme ich eine Woche vor dem Spiel allen Ernstes ein Schreiben mit dem Antrag, den Ausschluss zu widerrufen, weil die tolle Atmosphäre mit der Pyro für die Spieler das Highlight der Saison sei. Da kann ich nur noch den Kopf schütteln.“
ncG1vNJzZmhpYZu%2FpsHNnZxnnJVkrrPAyKScpWefqcGmutKepWagmZq%2FbrPEoatmnaNiwq55w5qqZp2TncGmecuemZ6mX22DeX2Qb2g%3D